Die Turnierstruktur im Profi-Herrentennis: Grand Slams, ATP-Tour und mehr
Wer sich für Profitennis interessiert, stößt schnell auf Begriffe wie Grand Slam, ATP Masters, ATP 500 oder Challenger Tour. Doch was steckt hinter diesen Turnieren? Wie ist die internationale Tenniswelt aufgebaut? Und warum ist ein Turniersieg nicht gleich ein Turniersieg? In diesem Artikel werfen wir einen umfassenden Blick auf die Struktur der wichtigsten Herrenturniere und erklären, wie das Punktesystem der ATP funktioniert.
Was ist die ATP?
Die Association of Tennis Professionals (ATP) wurde 1972 gegründet und ist die Interessenvertretung der männlichen Tennisprofis. Sie organisiert die meisten großen Turniere des Herrenprofisports und verwaltet das offizielle ATP-Ranking, also die Weltrangliste. Ziel der ATP ist es, faire Rahmenbedingungen zu schaffen, Turniere zu regulieren und die Spielerinteressen zu vertreten.
Die wichtigsten Turnierkategorien im Überblick
Die ATP unterteilt ihre Turniere in mehrere Kategorien, die sich nach Bedeutung, Preisgeld und Punktevergabe unterscheiden. Zusätzlich gibt es Grand Slam Turniere, die zwar nicht direkt von der ATP, sondern von der ITF (International Tennis Federation) organisiert werden, aber trotzdem maßgeblich für das ATP-Ranking sind.
1. Grand Slam Turniere
Die vier Grand Slams sind die prestigeträchtigsten Turniere im Tennis. Sie bieten das meiste Preisgeld, die größte mediale Aufmerksamkeit und die meisten Weltranglistenpunkte: ganze 2000 Punkte für den Turniersieg. Die Matches der Herren werden im Modus Best-of-Five ausgetragen, was es bei keinem anderen Turnier der ATP-Tour gibt.
- Australian Open (Hartplatz, Januar, Melbourne)
- French Open / Roland Garros (Sandplatz, Mai/Juni, Paris)
- Wimbledon (Rasen, Juli, London)
- US Open (Hartplatz, August/September, New York)
Die Grand Slams sind Pflichtturniere für alle Topspieler. Wer dort erfolgreich ist, kann seine Weltranglistenposition maßgeblich verbessern.
2. ATP Finals
Die ATP Finals bilden das Saisonfinale. Nur die besten acht Spieler der Jahreswertung – des sogenannten Race to Turin – qualifizieren sich. Das Turnier findet im Round-Robin-Format statt, also mit Gruppenphase. Ein ungeschlagener Sieger kann hier bis zu 1500 Punkte gewinnen – ein besonders lukratives Event.
3. ATP Masters 1000
Die ATP Masters 1000 Turniere sind die zweithöchste Turnierkategorie im Herrentennis. Der Sieger erhält 1000 Punkte. Sie sind ebenfalls Pflichtturniere für die Topspieler (mit wenigen Ausnahmen) und finden über das gesamte Jahr hinweg auf verschiedenen Belägen statt:
- Indian Wells
- Miami
- Monte Carlo (nicht verpflichtend)
- Madrid
- Rom
- Kanada (Toronto oder Montreal)
- Cincinnati
- Shanghai
- Paris-Bercy
4. ATP 500 Turniere
Die ATP 500 Turniere sind mittelgroße Wettbewerbe mit 500 Punkten für den Sieger. Auch hier ist das Teilnehmerfeld meist stark besetzt, doch die Teilnahme ist nicht verpflichtend. Viele Spieler nutzen diese Events, um gezielt Punkte zu sammeln oder sich auf größere Turniere vorzubereiten.
Bekannte ATP 500 Turniere sind u.a.:
- Halle (Rasen, Vorbereitung auf Wimbledon)
- Barcelona (Sand)
- Washington D.C. (Hartplatz)
- Dubai (Hartplatz)
5. ATP 250 Turniere
Die ATP 250 Events sind die kleinsten Turniere der regulären Tour. Sie bringen dem Sieger 250 Punkte ein. Viele dieser Turniere finden am Rande der großen Events oder in weniger populären Wochen statt. Für junge oder weniger etablierte Spieler sind sie ein idealer Einstieg, um Erfahrung und Punkte zu sammeln.
Beispiele für ATP 250 Turniere:
- Stuttgart (Rasen)
- Doha (Hartplatz)
- Metz (Halle)
- Buenos Aires (Sandplatz)
6. ATP Challenger Tour
Unterhalb der Haupttour liegt die ATP Challenger Tour. Diese richtet sich an Spieler, die den Sprung in die Top 100 schaffen wollen. Die Punktevergabe liegt hier je nach Turnier zwischen 50 und 175 Punkten für den Sieger. Die Challenger-Tour ist damit eine Art zweite Liga im Tennis – hochkompetitiv und oft unterschätzt.
7. ITF World Tennis Tour (ehemals Futures)
Die ITF-Turniere sind der Einstieg in den Profibereich. Die Turniere sind in M15- und M25-Kategorien unterteilt (Zahl steht für das Preisgeld in Tausend US-Dollar). Punkte für das ATP-Ranking gibt es hier ebenfalls, aber nur in geringem Umfang (bis max. 25 Punkte für den Sieger).
Sie dienen vor allem Nachwuchsspielern oder Profis im Comeback-Modus, um Matchpraxis und erste Punkte zu sammeln.
ATP-Ranking – Wie funktioniert die Weltrangliste?
Die Platzierung eines Spielers im ATP-Ranking basiert auf den Ergebnissen der letzten 52 Wochen. Dabei zählen maximal 19 Turniere: vier Grand Slams, acht verpflichtende Masters 1000 sowie die besten Ergebnisse aus ATP 500/250/Challenger Events.
Wichtig zu wissen:
- Punkte verfallen nach exakt einem Jahr
- Nur die besten Resultate werden gewertet
- Ein „Protected Ranking“ ermöglicht verletzten Spielern ein Comeback mit altem Ranglistenplatz
Wie lange bleiben die Punkte im Ranking?
Ein weit verbreitetes Missverständnis ist, dass Spieler ATP-Punkte über ihre gesamte Karriere hinweg sammeln. In Wirklichkeit basiert das Ranking auf einem rollierenden 52-Wochen-System. Das bedeutet:
- Punkte aus einem Turnier bleiben genau 52 Wochen im Ranking erhalten.
- Nach Ablauf dieser Frist verfallen die Punkte automatisch.
- Ein Spieler muss im Folgejahr erneut gut abschneiden, um seinen Platz zu halten.
Beispiel: Gewinnt ein Spieler im Mai 2024 ein ATP 500 Turnier, bleiben die 500 Punkte bis Mai 2025 bestehen. Scheidet er dann früh aus, verliert er die Punkte und rutscht entsprechend im Ranking ab. Dadurch bleibt das ATP-Ranking stets ein aktueller Leistungsmaßstab und belohnt konstante Ergebnisse.
ATP Race vs. ATP Ranking
Zusätzlich zur Weltrangliste gibt es das ATP Race, das immer am 1. Januar neu beginnt. Es zählt nur die aktuelle Saison und bestimmt, wer sich für die ATP Finals qualifiziert. Im Gegensatz dazu bildet das ATP-Ranking die Leistungen über die letzten 52 Wochen ab – unabhängig vom Kalenderjahr.
Was ist wichtiger – Grand Slam oder Masters?
In der öffentlichen Wahrnehmung sind die Grand Slams unangefochten das Maß aller Dinge. Wer einen Slam gewinnt, schreibt Tennisgeschichte. Doch auf dem Weg an die Spitze des Rankings sind regelmäßige Erfolge bei Masters- und ATP-Turnieren ebenso entscheidend – nur Konstanz führt an die Weltspitze.
Eine klare Hierarchie mit vielen Chancen
Die Turnierstruktur im Herrentennis ist streng hierarchisch, bietet aber Spielern auf jedem Leistungsniveau eine Plattform. Während Grand Slam Turniere das ultimative Ziel sind, ermöglichen ATP 250 und Challenger Events einen wichtigen Einstieg. Durch das fein abgestufte Punktesystem können Spieler gezielt ihre Karriere planen – vom ITF-Turnier bis zum Center Court von Wimbledon.
Ob Nachwuchshoffnung oder etablierter Profi – die ATP sorgt mit ihrem durchdachten Turniersystem für ein faires, transparentes und spannendes globales Tennisjahr.